Ich schreibe derzeit meine Bachelorarbeit über Hörertypologien. Da ich eine eigene (unrepräsentative) Untersuchung der Hörer verschiedener Radiosender vornehme, beschäftige ich mich auch wissenschaftlich mit der Media Analyse, der Reichweitenerhebung für Radiosender. Vor kurzem bin ich in der Fachzeitschrift Media Perspektiven auf einen Artikel zum Thema Radionutzung gestoßen. Dort wird beschrieben, wie die Stichproben ausgewählt werden.
Folgendes hat mich in dem Artikel stutzig gemacht (Hervorhebungen von mir):
“Bei den Befragten werden jedoch nur ortsüblich empfangbare Sender beim Telefoninterview vorgelesen („gestützt abgefragt“). Zu diesem Zweck erfolgt jährlich eine mediengerechte Zuteilung der Sender zu Befragungsgebieten (Splits), die den Stadt- und Landkreisen entsprechen. Die Bildung der Splitgebiete und die Zuteilung der dort jeweils abzufragenden Sender erfolgt computergestützt auf Basis der Relevanz der Programme in den Kreisen. Diese orientiert sich an der Sendernutzung, die über den Weitesten Hörerkreis (WHK) der vorhergehenden Erhebungen bestimmt wird.”
Wenn ich es also richtig verstanden habe, bedeutet es: Es werden in einem Gebiet nur Leute zu ihren Hörgewohnheiten befragt, bei denen man mit gewisser Wahrscheinlichkeit schon im Vorfeld annehmen kann, dass sie einen Sender hören. Richtig?!
Nennt man das nicht Stichprobenverzerrung? Können daraus valide Daten entstehen? Ich freue mich über jede Widerlegung.
Das bedeutet, dass in Bayern nicht gestützt nach 1live gefragt wird, weil in den letzten Erhebungen nicht genügend 1live-Hörer in Bayern ermittelt wurden. Falls aber trotzdem genügend Befragte in Bayern angeben, dass sie 1live gehört haben, wird in der nächsten Erhebung der Sender 1live auch vorgelesen… O.k.?
Ja, das ist richtig. Aber im Zitat steht folgendes: “Zu diesem Zweck erfolgt jährlich eine mediengerechte Zuteilung der Sender zu Befragungsgebieten (Splits), die den Stadt- und Landkreisen entsprechen.”
Das bedeutet doch, dass lokale Sender jeweils nur in den Stadtteilen und Landkreisen abgefragt werden, je häufiger sie dort bereits genannt wurden. Wenn das also auf lokaler Ebene passiert, heißt das doch, dass die Zahlen verfälscht sind, da in jedem einzelnen Bezirk eines Empfangsgebiet anders gewichtet wird. Und das finde ich eigenartig, da die technische Reichweite auch nicht nach Stadtteilen oder Landkreisen differenziert wird.
Mein Bundeslandbeispiel lässt sich genauso auf der Kreisebene formulieren.
Ansonsten finde ich es nachvollziehbar, dass die Anzahl der gestützt abgefragten Sender begrenzt ist. Wenn jeder nach 300 Sendern gefragt wird, bleiben nicht mehr viele Befragte über, die bis zum Ende telefonieren.
Trotzdem ist es richtig, dass lokale Sender dadurch etwas benachteiligt sind, da die Befragten von sich aus den Namen der Sender nennen müssen.
Bei der Media Analyse wird doch – wie aus dem Zitat zu entnehmen – gestützt gefragt. Dass die Anzahl der Sender hoch ist und bei zu vielem Items im Fragebogen die Befragten irgendwann abbrechen, ist ein Problem. Allerdings ist auch hier aus dem Zitat zu entnehmen, dass nur lokal empfangbare Sender (UKW, DAB und Kabel) abgefragt werden, wodurch der Vergleich von dir etwas hinkt. Nichts desto trotz finde ich rein vom Wahrheitsgehalt die Media Analyse weder zeitgemäß noch in dem Maße aussagekräftig, in dem sie gehandelt wird und das beweist meines Erachtens u.a. dieses Beispiel.
Nach der gestützten Abfrage gibt es noch folgende Nachfrage:
“Abgesehen von den Programmen, über die wir gerade gesprochen haben, gibt es noch einen oder mehrere Sender, die Sie schon gehört haben?”
Wenn dann alle Bayern angeben würden, dass Sie nur 90elf oder 1live hören, dann wird bei der nächsten Erhebung in gestützter Form nach diesen Sendern gefragt…
Trotzdem haben es neue und kleinere Sender erst mal schwer, diese Hürde zu überspringen, da sich die Befragten aktiv an die Sender erinnern müssen.