Es ist zwar selten dämlich mit einer schwungvoll-abgedroschenen Überschrift in einen Artikel zu starten, aber ich denke, die Wahrheit ist nicht so hipp wie Stefan Raab im Wok.
Seit das Internet bei jedermann angekommen ist, warten die vielen kleinen Künstler und Kreativen darauf, dass sich Dezentralität, geringe Publikationskosten und der Long Tail mit der großen Masse an Community-Geplagten Nutzern auszahlt. Meiner Meinung nach kann das gar nicht gehen, da das Potenzial im Netz relativ zu den Nutzern ist.
Als ich mein Hörbuch fertig produziert hatte, machte ich mir Gedanken zur Verteilung: Wo könnte ich es denn veröffentlichen, um meinen potentiellen Hörerkreis zu erweitern. Ich habe zwar keine kommerziellen Interessen, aber ich möchte, dass Interessierte auch zu meinem Angebot finden und das machen sie meist auf den Seiten, die sie mit dem Internet gleichsetzen: e-Commerce Seiten und den Standard-Communitys. Für meine Zwecke habe ich an Spotify, iTunes, Amazon Music, Audible, YouTube und Soundcloud gedacht – um mal die wichtigsten Plattformen für Audioproduktionen zu nennen. Meine erste Anlaufstelle war Audible, da diese Seite für Hörbücher bekannt ist.
Die Antwort:
“Sehr geehrter Herr Hartwich,
herzlichen Dank für Ihr Interesse an Audible! Wir sind stets darum bemüht, unser Angebot zu erweitern und freuen uns über neue Partnerschaften.
Wir können neue Partner jedoch erst ab einem Titelangebot von fünf Titeln in unser Angebot aufnehmen. Zusätzlich können wir Partner mit ausschließlichen Gratistiteln leider nicht in unser Programm nehmen.
Wir bitten Sie um Ihr Verständnis!”
Nun gut, kein Problem, gibt ja noch andere Seiten und vielleicht auch bessere Möglichkeiten. Soundcloud scheidet leider aus, da ab einer bestimmten Länge ein Premium-Account notwendig ist, auf YouTube ist das Hörbuch bereits. Bleiben noch die wichtigsten Player: Spotify, iTunes, Amazon Music. Spotify war mein eigentliches Ziel, da es sich auch gut in Facebook Fanseiten einbinden lässt. Nach kurzer Recherche wird schnell klar: Wenn du kein Label hast, brauchst du einen Vertrag mit einem Distributor, der gegen Geld deine Musik gerne auf Amazon, Spotify und Amazon vertreibt. Ja, Moment und wenn ich es kostenlos veröffentlichen möchte? Das scheint nicht vorgesehen zu sein.
Der Preis für einen Vertrieb auf den großen Plattformen ist bei genauerer Betrachtung nicht gerade gering: Hosting kostet extra, Download-Codes ebenso etc. Was aber viel entscheidender ist: Free Culture, so wie sie von Creative Commons angedacht ist, existiert für die breite Masse gar nicht, da gar keine Möglichkeiten zur Einbindung in der Welt des typischen Internetnutzers existieren. Jetzt werden viele wieder das Verschwörungsgras der Kulturindustrie wachsen hören, doch ich denke mit Bezug zur Überschrift, dass die Komponente Nachfrage viel entscheidender ist als so manche Lobbyarbeit.
Die Kostenloskultur des Netzes ist jedem bekannt und den meisten wohl auch, dass es Künstler, Blogger, Kreative gibt, die aufgrund ihres Alters, Engagement, Geldressourcen etc. ihre Werke frei ins Netz stellen. Da die Nachfrage aber immer noch zu großen Teilen bei eben nicht diesen kleinen Eigenbrötlern liegt – die sich vermutlich ein Bein abhacken würden, um sich bei Amazon & Co wiederzufinden – sondern bei dem Standard der großen Unternehmen, lässt das den Schluss zu, dass das Internet noch lange nicht so in der Soziokultur angekommen ist, wie es die Freaks gerne hätten. Bisher findet nur ein Medientransfer / -ersatz statt. Um bei der Musik zu bleiben: Von Tonträgern aus dem CD-Laden zu digitalen Verkaufsportalen. Inwieweit die gehoffte Medienrevolution wirklich möglich ist, wird bei diesem Beispiel eher fraglich bleiben.
Das Potenzial des Internets ist relativ zu seinen Nutzern und die befinden sich noch in der Vorschule ihres analogen Konsums.
“Du, das Internet geht heute wieder nicht” – “Ja, stimmt Facebook spinnt gerade…”