Ich laufe fast jeden Tag über den Campus, durch Passau und sehe den Menschen, an denen ich vorbei gehe, in die Augen – meist mit einem Lächeln. Selten sehen sie wirklich zurück: in Gedanken, vollkommen abgeschottet. Doch manchmal gibt es diesen einen Moment, in dem ein schüchterner Blick zurückfällt, ganz im Sinne von “oh, eh, warum sieht er mich denn an und lächelt, findet er mich jetzt hübsch oder will er was von mir”.
Szenenwechsel: Disko, ein bisschen Alkohol, viele Menschen. Hier will jeder gesehen werden, hier lächeln alle, hier hat (fast) keiner ein Problem damit, einem Fremden in die Augen zu sehen, ja sogar mit ihm zu sprechen. Der Alkohol, die Situation, das Sau-Raus-Lassen. Doch auch hier ist die Angst allgegenwärtig, die Angst, zu viel Ich zu zeigen und wenn doch folgt am nächsten Tag der Satz: mit dem kann man ja nicht feiern.
Eine Reise mit der Angst – allzu zwischenmenschliches.
Was ist hier Standard? Jeder ist auf dem Weg seiner eigenen Karriere, plant Auslandssemester, das Masterstudium oder einfach nur durch den Tag zu kommen. Gehetzt zwischen Bologna und Scheiß-egal treffen wir aufeinander, reden über Frauen und Männer auf Partys, die eine mit dem, der andere aber auch mit der und überhaupt – aber egal, ich ja auch mit ihr.
Ein kleiner Spiegel am Klo zeigt mich: Ob groß oder klein, modebewusst, H&M-Standard oder total alternativ bis pseudo – mit oder ohne Kaffee. Ich möchte nicht, dass mich jemand sieht, ich will gesehen werden – stark, selbstbewusst, intelligent, weltoffen. Es spielt keine Rolle, ob ich durch mein Äußeres eine kleine Mauer errichte oder durch ein paar frech-coole Sätze, die beliebig das Klischee im Studium – frisch aus American Pie gezapft – wiedergeben. Oder ist in mir vielleicht gar nichts? Wäre ich gern mehr, weiß aber nicht was? Wie begegne ich jemandem, der so etwas weiß? Ich brauche meine Zone.
Gehst du denn heute zum Dings – ich war das letzte Mal. Ist dir denn schon aufgefallen, ich mag dich. – Ich muss jetzt leider in den Kurs.
Wovor hast du Angst? – Dann lächle.