Personalisierung – eines des großen Schlagworte des Webzeitalters, von den Machern geprägt und angestrebt. Nicht zu verwechseln mit Individualisierung.
Wenn du heute im Netz nach guten Filmen suchst, bei Amazon shoppst oder in sozialen Netzwerken dein Unwesen treibst: überall versucht man dir die besten Treffer für deinen persönlichen Gusto zu liefern. Doch wie entdeckst du Neues? Wie erfährst du von Dingen, bei denen du gar nicht wusstest, dass sie dich hätten interessieren können? Die Personalisierung im Internet führt zu einem sozialen Graphen, der dann letzten Endes für unsere Informiertheit verantwortlich ist, so meine These.
Informiertheit, informationelle Selbstbestimmung – schwerfällige Begriffe und doch sind sie Kern unseres Verständnisses von Freiheit und einer eigenen Meinung. Jeder möchte für sich entscheiden, was für ihn eine sinnvolle oder eine unsinnige Information ist und genau das macht dann unsere Informiertheit, unser Weltbild aus und lässt uns Entscheidungen treffen. Was passiert nun, wenn zentrale Informationsstellen, zu denen z.B. Google gehört, die Fülle an Informationen, die ich erhalten könnte, immer mehr auf mich zuschneidet? Ich erfahre dadurch mehr über meine Interessen, aber nicht mehr über Anderes, Fremdes, Neues. Es ist vollkommen unerheblich, ob ein Google Account existiert oder nicht – dein Suchverhalten wird gespeichert, ausgewertet und dementsprechend für die nächste Suche angewendet. Das geht nun inzwischen soweit, dass bei vorhandenem Google+ Account gelikete Links aus den eigenen Kreisen in der Google Suche nach vorne rutschen.
Damit bewegen wir uns einmal in die eigene Informationsblase: es ist überwiegend das relevant, was mich interessiert und das, was mich noch interessieren könnte, wird berechnet. Das selbstständige Surfen, Suchen, Finden wird langsam unattraktiv gemacht – ist ja auch viel bequemer. Andererseits führt die Verknüpfung mit meinem sozialen Netzwerk dazu, dass meine Informationen davon abhängen, was meine Freunde interessiert. D.h. wer ein ausgewogenes, differenziertes Netzwerk an Freunden hat, die sich voneinander unterscheiden und sich für vieles Unterschiedliche interessieren, erst dann habe ich wieder die Chance mehr aus meiner eigenen Blase herauszukommen – Stichwort lokale Brücken in Netzwerken. Doch die Mehrheit hat nicht dieses ausgewogene Verständnis vom Netzwerken, wozu auch. Das Interesse, sich mit Gleichgesinnten zu verbinden wird immer überwiegen, schon allein deswegen, weil es in der Realität auch nicht anders funktioniert.
Das ist jetzt natürlich eine leicht verschärfte Darstellung und es gibt Alternativen, aber was kann es für Konsequenzen haben? Jede Technologie bringt unbewusst auch ein Konzept mit, nach dem sie benutzt werden soll. Und dieses Konzept beeinflusst ab einem gewissen Zeitpunkt auch unser Denken. Beispiel: Seit die Mehrheit gewohnt ist, mobil fast überall erreichbar zu sein, wird das schnelle Reagieren auf Nachrichten erwartet.
Was könnte nun bei der Gewöhnung an die Personalisierung passieren? Womöglich wird das Interesse an einem Überblick an verschiedenen Infos immer weniger interessant: Die klassische Ressortordnung einer Zeitung ist nicht mehr attraktiv oder zeitgemäß, schließlich ist man es gewohnt, auf einen zugeschnittene Informationen zu erhalten. Blogs, Online-Portale, die auf mein Interesse zugeschnitten sind, meine Lebenswirklichkeit treffen, könnten davon profitieren. Die Freiheit, nach Informationen, die nicht zum eigenen Interesse passen, suchen zu wollen, könnte unwichtig werden.
Technologien beeinflussen unser Denken und Verhalten – vielleicht Zeit, etwas runterzuschalten oder wollen wir unsere Freiheiten unbewusst abtreten, weil es cool und bequem ist?