Bevor ich an die Uni Passau kam, suchte ich im Internet bereits nach dem Namen und Wirken des Hochschulradios – schließlich wollte ich nebenher weiterhin Radio machen. Den Namen fand ich anfangs noch recht komisch, da er mich mehr an die Putzkolonne des Campus erinnerte als an ein Studentenradio. Mein Start war sozial gesehen nicht der Beste, da es eine eingeschworene Gruppe war, die auch privat viel zusammen unternahm und ich nach Schulradio und Fantasy Bayern einfach andere Erwartungen hatte – gerade wenn zwei Medienstudiengänge angeboten werden. Aber das muss nichts heißen, wie sich in vielen Angelegenheiten noch herausstellen wird.
Die Campus Crew, als ich kam
Eine HTML-Seite mit Flash-Header, die händisch im HTML-Text aktualisiert werden musste, alle zwei Wochen eine vorproduzierte Sendung und ansonsten Stundenmixe, die in der Winamp-Playlist rotierten. Keine eigenen Räume, kein wirklich eigenes Equipment, kein Musikarchiv und viele Partys. Dass Radio nicht im Vordergrund stand, war mir schnell klar, aber dass es keine Option für Weiterentwicklung gab – zumindest anfangs – damit konnte ich mich nicht so anfreunden. So begann ich, immer wieder Vorschläge einzubringen: Neue Homepage, Livesenden, Musikrotation.
Es war mehr als nur hart gegen die bisherige Crew arbeiten zu müssen und es gab oft genug ausreichend Gründe, um es einfach sein zu lassen und das Glück in anderen Tätigkeiten zu suchen. Der Umstand, dass das Sprachenzentrum der Uni unter dem Vorwand, dass zu viel Müll in der “Redaktion” rumlag, uns aus den Räumen schmiss und damit von der einzigen Möglichkeit trennte, weiterhin wirklich senden zu können, kam mein Privatequipment ins Spiel. Ich hatte mir eine kleine Soundkarte, einen Controller und eine Sendesoftware angeschafft. Also sendeten wir mit meinem Equipment fast jede Woche aus einer anderen WG, einmal sogar aus der Küche, während dort das Abendessen zubereitet wurde, was ein tolles Erlebnis war – mehr Freiheit im Radio geht nicht. Seit diesem Zeitpunkt war ich dann immer mehr für die Technik verantwortlich, sei es online oder eben On Air. Die alte Crew hatte nun Blut geleckt und nach einem Gespräch mit dem Kanzler der Uni Passau wurden uns die alten Räume sowie Geld für Equipment zugesichert.
Die Campus Crew, als ich was bewegte
Ich stellte also einen Förderantrag mit den nötigen Geräten zusammen, während wir die alte “Redaktion” zurück bekamen und sogar den Raum nebenan – ein Aufnahmestudio. Ursprünglich waren beide Räume als Tonstudio konzipiert, daher hatten wir auch eine Scheibe in der Wand und eine riesige Kupferplatte am Boden als Erdung, leider aber auch keine Fenster, sondern nur eine schlecht funktionierende Lüftung.
Die Redaktion wurde mit alten PCs der Rechner-Pools ausgestattet und das künftige Sendestudio eben mit der neuen Technik. 6 Stunden hat es mich in Alleinarbeit gekostet, bis alles aufgebaut und eingestellt war – dann waren wir live On Air aus dem Nikolakloster. Die nächsten 2 Semester war ich hauptverantwortlich für die Technik, was so viel hieß wie: Zu jeder Hauptsendung anwesend sein und die Technik fahren, bei Fragen aushelfen, immer wieder versuchen, den Leuten die Technik beizubringen, die aber meist keine Lust darauf hatten. Und das wichtigste: Immer wieder optimieren. So kam es zum zweiten Förderantrag, der die kleinen Fehler des Sendestudios beheben sollte (neue Soundkarte und Controller) und der Grundstein für Studio B, denn die alten Pool-Rechner waren alles andere als geeignet für normal im Internet surfen oder Beiträge schneiden.
Nebenher fing ich mit meiner eigenen Sendung an: Der Montagabend Show, eine satirische, lockere Sendung – ähnlich zu Brot und Spiele (Radio Fantasy). Hinzu kamen Liveübertragungen von Konzerten (Open Stage), Sportveranstaltungen (Schlog an Lehna), 8 Stunden Frieren vom Christkindlmarkt und neue Arbeiten an der Homepage. Immer mehr kümmerte ich mich auch um den Programmablauf – dass die Sendungen aufeinander abgestimmt waren und vor allem, dass alles im Scheduler eingeplant war und die Leute auch mit dem System bestmöglich zurecht kamen. Insgesamt 2 Jahre hat es gedauert und Arbeit gekostet, bis alles so justiert war und auch bei der Crew angekommen war, so dass der Sendebetrieb sauber lief und wir eine solide Basis hatten, um redaktionell arbeiten zu können. Das hing auch eng mit dem letzten Förderantrag zusammen, der eine Vernetzung zwischen allen PCs schuf sowie zwei gute Aufnahmeplätze und ein IKEA-Sendestudiotisch.
Auch im Hintergrund hatte sich viel getan: das Musikarchiv wuchs, die Rotation wurde besser, das Streamingangebot war modern ausgerichtet mit einem Hauptstreamingserver und einem Server nur für Hörer, die über das Smartphone datensparend reinhören wollen.
Hier ein kleiner Eindruck:
Die Campus Crew, als ich ging
Es kommt der Punkt innerhalb einer Hochschulgruppe, an dem man nicht mehr weiterkommt: Einmal weil die Generation wechselt, zum anderen weil ehrenamtlich einfach nicht mehr geht. Nach 4 Jahren Uniradio entschied ich mich dafür, Platz zu machen. Ich war Technikchef, Programmchef und Musikressortchef. Zu viele Posten, zu wenig Rückenwind und andere wollen auch noch Fehler machen. Inzwischen war die Campus Crew bei der endgültigen Homepage angelangt, an der ich noch viel mitgeholfen hatte, ein einheitliches Corporate Identity war angelegt und die Rotation nun auf einer soliden Basis. Vom Arbeitsprozess war alles komfortabel eingestellt: automatisiertes Sendungsaufnahmearchiv online, Vernetzung zwischen Studio und Redaktion etc.
Als letzte Aufgabe habe ich mich noch der Dokumentation gewidmet und eine eigene Wiki für Arbeitsabläufe und technische How-Tos aufgebaut. Journalistisches Handwerkzeug mit eingeschlossen.
Mein Fazit: Ich bin froh darüber, so viel bewegt haben zu dürfen und hoffe, dass meine Arbeit nach lange von Nutzen sein kann.
P.S.: Was bei diesem Artikel fehlt: Das Redaktionswochenende, Lagerfeuer, komische Spiele mit nackten Brüsten, jeder Menge zotige Moderationen, erotische Hörspiele und ganz viel Schweiß.
Cool dass du das mal aufgeschrieben hast. Vielen Dank für deine Arbeit